Dr. Sabine Jaritz ist Professorin an der OTH Regensburg. Foto: Jens Heilmann

Agil oder doch lieber traditionell?

„Scrum Master“ – klingt hip und kann im Lebenslauf beeindrucken. Professor Dr. Sabine Jaritz lehrt an der OTH Regensburg und klärt auf, was dahinter steckt.

 

Es ist einer der Berufe, die gerade ganz oben auf den Hitlisten stehen: Scrum Master. Doch was ist eigentlich Scrum und wer kann das machen? Dr. Sabine Jaritz ist Professorin an der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) Regensburg, gibt Kurse an der Virtuellen Hochschule Bayern und hat jahrelange Erfahrung als Unternehmensberaterin. In den vergangenen Jahren hat sie sich auf agiles Projektmanagement spezialisiert, zu dem auch Scrum gehört. Parallel beschäftigt sie sich auch mit traditionellem Projektmanagement. Ihr ist es wichtig, ihren Studierenden beide Methoden an die Hand zu geben: „Es geht darum, alle Tools zu kennen und entscheiden zu können, bei welchem Projekt sie eingesetzt werden können, um Erfolg zu erzielen. Auch eine Kombi ist möglich.“

 

Seinen Ursprung hat der Begriff „Scrum“ (englisch für „Gedränge“) in der Softwareentwicklung. Heute begegnet man Scrum aber auch anderswo: „Eigentlich ist es egal, welches Projekt Sie managen, es kann immer helfen. Es gibt keine Grenzen. Scrum kann in den meisten Branchen und dort in ganz vielen Projekt-Settings eingesetzt werden“, erklärt Jaritz.

 

Denken in Sprints

Beim traditionellen Projektmanagement liegt der Fokus auf einer soliden, gesunden Planung. Und dann setzt man das Projekt gemäß dieser Planung um. Klingt erstmal sinnvoll. Aber was, wenn sich die Anforderungen kurzfristig ändern, was in unserer schnelllebigen Zeit durchaus mal passieren kann. „Ein Change ist im traditionellen viel schwieriger als im agilen“, sagt Jaritz.

Scrum dagegen sei viel flexibler, es gehe darum, schnell auf Veränderungen zu reagieren. „Gedacht und gearbeitet wird in Sprints. Ein Ergebnis gibt es nicht erst am Ende, sondern nach jedem Sprint, zum Beispiel nach jedem Monat“, erklärt Jaritz. Die Taktung ist viel enger und die Kundenbedürfnisse werden dabei ständig im Blick gehalten. Überhaupt ist der Kundenfokus noch viel stärker als im traditionellen Projektmanagement. Die Zwischenstände werden regelmäßig mit allen Stakeholdern abgesprochen. Der Scrum Master ist dafür da, Scrum-Methoden ins Team einzubringen und für eine agile Arbeitsatmosphäre zu sorgen. Am Projekt selbst arbeitet er in der Regel nicht mit.

 

Scrum – kann das jeder?

Muss ich für Scrum studieren? Nein. Das Zertifikat kann man auch über eine der offiziellen Seiten wie scrum.org erwerben – nachdem man den Test erfolgreich bestanden hat. „Das ist schon ziemlich anspruchsvoll“, sagt die Expertin. 88 Fragen gilt es zu beantworten – in englischer Sprache. Eine intensive Auseinandersetzung und ein tiefes Verständnis sind die Grundvoraussetzungen. In ihrem Kurs an der OTH haben in den vergangenen vier Jahren schon an die 170 Studierende die entsprechende Zertifizierung erhalten. Anfragen von Interessierten gibt es zahlreiche, Tendenz steigend. „Viele nutzen auch jetzt die Coronazeit, um zu überlegen, wie sie sich ausrichten wollen und kommen zu dem Schluss: Das könnte was sein, das mir im Berufsleben weiterhilft“, sagt die Professorin.

 

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Fehlermachen erwünscht

Trotzdem gibt Dr. Sabine Jaritz zu bedenken: „Nur weil etwas hip ist, muss es nicht immer gut sein – man sollte Scrum mit Verstand einsetzen.“ Nicht an jeder Position und in jedem Unternehmen mache agiles Projektmanagement Sinn oder sei erwünscht. Als Voraussetzung nennt Jaritz beispielsweise eine offene Fehlerkultur. „Fehler sind wichtig, man lernt nämlich daraus“, erklärt sie. Wenn Fehler allerdings mit Sanktionen geahndet werden, würden sie oft unter den Teppich gekehrt. Deshalb sei es auch besonders wichtig, dass auch die Führungskräfte mit gutem Beispiel vorangehen und ihre Fehler offen kommunizieren.

So ein Umdenken geht mit einem Change einher – im jeweiligen Unternehmen, bei uns selbst. Corona bietet laut Jaritz dafür ein eine gute Gelegenheit, schließlich werden viele Karten neu gemischt. „Es ist die ideale Zeit, um was Neues auszuprobieren“, sagt sie. Und Professor Dr. Jaritz muss es wissen – schließlich lehrt sie auch Change-Management.