Sirko Galz ist Weber und hat sich auf aufwendige Jacquardstoffe spezialisiert. Er wünscht sich mehr Wertschätzung für seine Arbeit und das Handwerk. Foto: Rebecca Sollfrank

Seltenes Handwerk für Geduldige

Textilweber Sirko Galz erzählt, warum er jeden Tag gerne in seine Werkstatt geht und warum die Fähigkeit zu improvisieren so wichtig für seinen Beruf ist.

Bunte Schals, Tragetücher oder stylische Tischläufer: Sirko Galz setzt in seiner Textilmanufaktur in Burglengenfeld ganz auf Handarbeit.

Es ist eine der letzten Handwebereien, die auf aufwendige Jacquardstoffe spezialisiert ist. „Ich habe den Beruf Handweber nicht bewusst gewählt, er hat mich gefunden“, sagt er. Die Neugier auf die technische Herstellung von Textilien ließ ihn nicht los, bis er sich 2012 mit der Weberei selbstständig gemacht hat.

 

Kreativität und Zusammenspiel

Auch seine Familie spielte eine Rolle: „Eine meiner Großmütter hatte eine Ausbildung als Weberin begonnen, daher waren gute Textilien immer ein Thema“, erklärt Galz. Er wollte wissen, wie verschiedene Stoffe gewebt werden und welche Webstühle man dafür benötigt. Faszinierend findet er die Haptik der verschiedenen Garne. „Es ist ein kreativer Gestaltungsprozess, wie im Zusammenspiel von Farben, Garn und Muster ein Stoff entsteht. Dabei kann man seine Ideen mit den Händen in ein Produkt umwandeln“, sagt er.

 

Viele Arbeistschritte nötig

Sein Arbeitstag beginnt zwischen 6.30 und 7 Uhr und endet um 18 Uhr, wenn er die Ladenwerkstatt schließt. „Aber auch nach Feierabend bin ich immer mit einem Auge bei meinen Kunden: Arbeiten, die in der Woche nicht durchführbar sind, werden am Wochenende erledigt“, sagt er. Das ist typisch für Selbstständige. „Die Handweberei ist sehr langsames Arbeiten mit vielen Arbeitschritten, die nötig sind, bevor überhaupt gewebt werden kann“, erklärt er.

 

Besondere Aufträge

Aber auch nach acht Jahren geht er jeden Morgen sehr gerne in die Werkstatt und freut sich auf die Aufgaben. „Ich kann mir die Arbeiten im gewissen Maß frei einteilen“, sagt Sirko Galz. Ein besonderes Hochgefühl stelle sich ein, wenn er bei der Umsetzung eines schwierigen Projekts, zum Beispiel einer Textilrekonstruktion, die historischen Arbeitsweisen an die Moderne anpassen kann und dabei ein technisch perfektes Replikat entsteht. „Dazu ist vorab immer eine Menge Denkarbeit nötig, die Fähigkeit zu improvisieren und Lösungen zu finden, die in keinem Buch stehen“, erklärt der Textilweber. „Wenn man dann ein dickes Lob vom Auftraggeber bekommt oder die Arbeiten im Museum liegen, sind das die Highlights des Berufs.“

 

Hürden für Selbständige

Es gibt aber auch Nachteile: Für Sirko Galz sind es die bürokratischen Hürden für Selbstständige. „Buchhaltung, Nachweispflicht, Steuerabrechnung – das sind Punkte, die mich zeitlich immer mehr belasten. Manchmal geht pro Woche ein ganzer Tag nur für den Papierkram drauf“, erklärt er. Diese Zeit fehle dann, um Textilien anzufertigen. Auch „Zwangsbeiträge, zum Beispiel zur Berufsgenossenschaft, von denen man keinen Nutzen hat“, sieht er als Nachteil. Außerdem wird es immer schwieriger, gute Garne zu beschaffen. „Dazu muss man sich in ganz Europa, bei speziellen Mischungen auch in den USA umsehen. Dann ist der Zoll die nächste Hürde, die zu meistern ist“, erklärt Galz. Sehr oft erlebe er, dass die Menschen sein seltenes Handwerk zwar toll finden, aber die Wertschätzung für die Textilien und die aufwendige Herstellung fehle. „Daher verstehen viele nicht, warum handgewebte Textilien ihren Preis haben. Frustrierend finde ich es, wenn Menschen für ein industriell hergestelltes Textil, das nicht mal besonders gut verarbeitet ist, weitaus mehr Geld ausgeben, nur weil dort ein bekannter Name dran steht“, erklärt er. In Österreich und Italien werden Handwerk und Kleidung deutlich mehr geschätzt. „Von diesen Wertschätzungen könnten wir im durchnormierten und technisierten Deutschland wirklich mehr gebrauchen“, sagt Galz und wünscht sich mehr Anerkennung für handwerkliche Berufe und die Textilherstellung.

 

Jungen Menschen würde er zu einem Beruf raten, bei dem man mit den Händen etwas erschafft. „Man sollte sich nicht darauf verlassen, dass das Geld mit ein paar Mausklicks verdient wird“, erklärt er. Das Schöne am Handwerk sei, dass man sehe, was man gemacht habe. Wenn der Auftrag ein Stück voran gekommen ist, ist man zufrieden. „Nicht zu vernachlässigen: Durch die körperliche Betätigung spart man sich das Fitnessstudio und schläft besser“, so Galz. (by)